#making of, die Biografie eines Comics

Artikel: #making of, die Biografie eines Comics

Wie sagt man immer so schön: Aller Anfang ist schwer und ein Marathon beginnt mit dem ersten Schritt - Das kann ich nur bestätigen. Von der Idee bis zu meiner Geburt war es ein langer Weg. Ich war ja live dabei und gewähre euch heute einen exklusiven Einblick in meine Entstehungsgeschichte. Vielleicht hat mich jemand von euch schon in der Hand gehalten und gelesen. Auf jeden Fall haben meine zwei Schöpfer sehr viel Arbeit, Liebe und Herzblut in meine 
Existenz gesteckt. 
Aber der Reihe nach. Besser, ich stelle mich erst einmal vor:
Hallo, mein Name ist Comic, railbow Comic. Ich bin 28 Seiten lang, 148 x 210 mm groß und wiege ca. 280 Gramm. Über mein Alter spreche ich nicht so gerne, denn ich weiß nicht genau, was ich als Geburtstag angeben soll. Den Tag, an dem ich aus dem Drucker schlüpfte und das Licht der Welt erblickt habe? Oder schon den Tag, an dem meine PDF-Datei erstellt wurde? Es ist eigentlich auch nicht wichtig, wie alt ich bin, Hauptsache, ich bin jetzt da und verteile mich überall in den Regionen. Denn ich habe eine Bestimmung zu erfüllen, dazu später mehr. Am besten beginne ich meine Erzählung mit dem Tag der Ideenfindung....


Der Ort der kreativen Magie war eines der liebsten Restaurants der beiden und da hieß es: Tablet raus und ran an die Arbeit! Die ersten Ideen und Pläne für einen frischen Auftritt waren schnell gefunden, wurden geändert, verworfen und wieder neu erstellt. Das Netzwerk voranzutreiben und bekannter zu machen ist das Ziel. Es entbrannten hitzige Wortgefechte, Diskussionen und Verhandlungen zwischen den beiden. Ein intensiver und konstruktiver Schlagabtausch, alles zu einem Thema, welches im Netzwerk und darüber hinaus immer wieder zur Sprache kommt. “Wie kann man mit typischen Sprüchen, Vorurteilen und Klischees in Bezug auf den Regenbogen aufräumen?” 
Könnt ihr euch vorstellen, dass ich ursprünglich ein kurzes Video werden sollte? Tja, ich auch nicht, aber so war es. Sequenzen wurden dafür erstellt, Gedanken eingefügt, Animation generiert und zum Schluss noch ein paar Sprechblasen reingequetscht. Einige Stunden und viel rumprobieren später, tadaa, die Rohfassung ist fertig. Juhu, freu, Applaus. Man, haben die viel an mir geändert und angepasst, ich bekam fast ein Schleudertrauma. Wie dem auch sei. Nur noch ein wenig Feintuning, Sätze reingeschrieben, Sound hinzugefügt, Geschwindigkeit angepasst. Klick hier, tipp da, füg ein, geschafft! Haha, denkste. Gerade als ich so weit war, der Welt als kleines Video vorgestellt zu werden, kam aus irgendeiner Ecke ein: „Gefällt mir nicht. Sieht doof aus. Ich will was anderes!“ Bähm, na toll, alles auf Anfang. Da bekam meine Mum einen Tobsuchtsanfall, die ganze Arbeit für die Katzˋ . Sie ging ein Stück, um frische Luft und Energie zu tanken. Mein Dad machte ebenfalls eine „Bildschirmpause“. Ein kurzer Brainbreak für meine beiden Schöpfer. Aber wird das auch helfen ...? Kurz bevor ich die Hoffnung aufgegeben hatte, platzte meine Mum mit der Idee des „real-life-comic" heraus. (Puh, gerettet, hätte denen aber auch früher einfallen können.)
Geniale Idee, die Sprechblasen hatten Sie ja schon. (laut lach) Fehlte nur noch der Rest. Es war klar, welchen Inhalt die beiden vermitteln wollten und die wichtigsten Argumente waren bereits im Vorfeld zusammengetragen worden. Aber für ein Comic braucht es doch ein bisschen mehr. 
Die beiden haben sich nach ihrer Pause wieder zusammengerauft und arbeiteten gemeinsam an der meiner Umsetzung. Obwohl beide nicht zeichnen können und keine Ahnung davon haben, wie man ein Comic selber macht, war beiden klar: „real-live“ heißt Fotos machen und nicht zeichnen. Dem railbow-Gott sei dank, dass beide ein Smartphone haben. Wieder laut lachend und voller neuer Energie erstellten die beiden die Storyline und die Rahmenhandlung. Wo sie spielt, wie viele Akteure sie dafür brauchen und was deren Rolle sein wird. Gefühlte zwei Stunden  und drei Cocktails später war die grobe Fassung meines Drehbuches geschrieben. 
Jetzt fehlten nur noch ein paar Freiwillige, die sich für das Projekt Comic begeistern und mitarbeiten würden. Meine Mum zückte ihr Telefon und akquirierte ein paar Mitglieder aus dem Netzwerk, vielleicht hat ja der ein oder andere Lust an meiner Entstehung mitzuwirken. Es war eine gute Gelegenheit, einige Kollegen zu fragen, ob sie railbow unterstützen möchten und, wer weiß, vielleicht sogar gleich noch Mitglied werden wollen. Sie erklärte am Telefon kurz, um was es genau ging und an welchem Tag die ganze Aktion stattfinden soll. Relativ schnell hatten die beiden genügend Leute zusammen. Es folgten ein paar kurze Terminabsprachen und der Abgleich mit den Dienstplänen, dann standen die Akteure und der Tag des Fotoshootings inklusive des Drehorts fest. Gesagt, getan. Einige Tage später kümmerte sich mein Dad um die nötige Software wie ein paar neue Apps, damit ich im besten Licht erstrahlen konnte. Bei einem weiteren Treffen wurden dann die ersten Versuchsbilder fürs Deckblatt gemacht. Das freute mich sehr, denn jetzt war ich schon ganze 324 KB groß.
In der Zwischenzeit kam stets und ständig diese komische Tante Corona vorbei und machte allen Leuten in einer Tour das Leben schwer, so auch meinen Eltern und ihren Akteuren. (Ich glaube die Tante riecht komisch, denn jeder muss eine Maske tragen, um sich vor ihr zu schützen.) Am Tag des Fotoshootings versammelte meine Mum die ganze Meute - Feinheiten abstimmen, Haare richten, Masken auf. Währenddessen ist mein Dad, vollgepackt mit Equipment, zum Drehort gegangen. Er wollte ja den besten Platz für die Fotos. Es musste alles stimmen: Licht, Hintergrund, Blickwinkel und kleine Markierungen auf dem Boden, um genügend Abstand einzuhalten. 
Die gesamte Filmcrew ging nun zum Bahnsteig, um mit dem Shooting zu starten. Mein Dad mimte den Kameramann und Mutti mutierte zur Regisseurin die wild mit den Armen rumfuchtelte. Alle hatten Spaß bei der Aktion. Es wurde viel gelacht, positioniert und geklickt. Da keiner der Anwesenden solch eine Geschichte vorher gemacht hatte und unter schweren Bedingungen gearbeitet wurde, war der Start etwas holprig. Die Protagonisten schauten immer wieder direkt in die Kamera, durch das Tragen der Masken konnte man die Mimik nicht so gut erkennen oder Passanten waren mit im Bild und haben interessiert zugeschaut. Der Bahnsteig war dank der Tageszeit relativ leer, aber es standen immer einige neugierige Fahrgäste in der Nähe. Nachdem aber die ersten Fotos überprüft waren, die Darsteller sich in ihre Rollen eingespielt hatten, die Anweisungen klarer wurden und das gesamte Team richtig eingegrooved war, lief der Rest des Shootings wie geschmiert.
Die Zeit verging wie im Flug und es entstanden mal eben über 700 Bilder und ein paar Videos. Meine Datei war in knapp zwei Stunden auf über 2.500 MB angewachsen und stand kurz vorm Platzen. 
Ich hab gebetet, dass die beiden sich für eine schlanke Variante von mir entscheiden. Mal ehrlich, 700 Bilder - ich wollte ein Comic werden, keine 10-teilige Enzyklopädie und tatsächlich wurde ich erhört. Die beiden begutachteten kritisch jedes einzelne Bild. Es wurde gnadenlos aussortiert: Geschlossene Augen - raus, Maske verrutscht - raus, Bild ist unscharf - raus. So ging das eine ganze Weile. Aber nach der ersten groben Sichtung waren es immer noch über 400 Bilder. So ging das knallharte Aussortieren in die zweite Runde. Dieses Mal wurden die Bilder kategorisiert in: „Nehmen wir auf jeden Fall“, „Fliegt raus“ und „Vielleicht - mal gucken“. Die Videos wurden auch in Dauerschleife angespielt, um einzelne Momente als Foto festzuhalten. Dass hierbei so einige Sommerabende draufgegangen sind, muss man nicht extra betonen. (räusper) 
Meine Dateigröße schrumpfte dadurch schnell auf 500 MB.
Endlich ist es so weit. An den glücklichen auserwählten Bildern wurde mit den speziellen Apps umgewandelt, zurechtgeschnitten, vergrößert, verkleinert, eingefügt und so lange herumgebastelt, bis ich ganze 20 Seiten lang, aber dafür völlig ungestylt war. Keine Wörter, keine Zeichen, gar nichts. (Hey, Ich fühle mich so nackig, macht was!) 
Hätte ich mal bloß nichts gesagt. Das zweite Fast-Schleudertrauma ließ nicht lange auf sich warten. Ich wurde wieder angepasst und umgestellt, neu arrangiert und geändert. Jetzt war ich satte 40 Seiten lang und fühlte mich etwas aufgebläht. (Ich weiß ja, dass ich groß und stark werden soll, aber eine Diät wäre jetzt nicht schlecht, so passe ich nicht in den Drucker.) 
Leicht erschöpft von der Bildschirmarbeit gönnten sich meine Eltern ein paar Espressi, um ihre Kreativität wieder auf Hochtouren zu bringen. Denn mich als Comic zu erstellen, war etwas schwieriger als angenommen. Das Koffein zeigte Wirkung und es konnte weitergehen.
Die letzte Runde Achterbahn beginnt. Ich wurde ein allerletztes Mal ausgedünnt. Ziel erreicht, ich bin nun nur noch 28 Seiten lang. Perfekte Figur für einen frischen Auftritt auf dem roten Teppich von railbow.  
Meine Aufregung stieg, denn der Feinschliff mit der Storyline und den Sprechblasen (hier und da auch ein paar Gedankenblasen) stand auf dem Plan. Angelehnt an das verbale Schauspiel der Darsteller ließen sich die beiden beim Füllen der Sprechblasen inspirieren. Zahlreiche Lachflashs, wenige Diskussionen und viele Überlegungen, wer denn was sagt und wer was denkt, waren nötig, um mein Innenleben zu füllen. Die Aussagen in den Sprechblasen wurden mehrfach korrigiert. Die Sprache  klingt so hochtrabend. Wer redet denn so? Spricht ein „normaler“ Mensch überhaupt so? (Leute, ich bin keine rosarote Waschwatte, sondern ein knallhartes Comic , das mit Klischees aufräumen will. Also seid doch mal etwas selbstbewusster und nennt das Kind beim Namen! Klischees sind für niemanden gut.) Dann wurden die Aussagen deutlicher und deutlicher. 
Ob sie politisch korrekt genug geschrieben sind, entscheidet später das Gremium. (Halt!, ähm, Entschuldigung, Datenschutz und so. Ich bin  vielleicht nur ein Comic, aber die Hauptdarsteller brauchen noch geheime Identitäten.) Ein paar coole Namen wurden gewählt und die letzten winzigen, witzigen Details bearbeitet. Auch eine Sprechblase muss an der perfekten Stelle sitzen. Es ist vollbracht. Ich bin nun endgültig fertig und bereit, produziert zu werden.
Frisch gespeichert und heiß darauf, aus dem Drucker zu springen, wurde meine zarte PDF-Existenz an das Kontrollgremium verschickt. Mit Lichtgeschwindigkeit durch die Glasfaserkabel traf ich dort ein, wurde intensiv überprüft, meine Inhalte, Rechtschreibung und die Grammatik wurden kritisch beäugt und inspiziert. (Oh, oh, da haben sich wohl ein paar Schönheitsfehler eingeschlichen)
Nur ein paar kleine Änderungswünsche hier und Anmerkungen zur Grammatik dort. Kein Problem, ein Beauty-Spa-Tag eingelegt und ich bin wieder das schönste Comic im ganzen Land. (Toll, toll, toll)
Endgültig abgesegnet von der obersten Etage, reihte ich mich tiefenentspannt in die Warteschlange des Druckers ein. Gerade als ich vor dem Portal stand, hieß es Stopp! Diese komische Tante Corona kam endgültig auf Dauer zu Besuch. (Ich frage mich, wer die eingeladen hat, wenn sie eh keiner leiden kann?). Aber die Tante legte im Haushalt alles lahm.
Letztendlich hieß das für mich, kein Taschengeld zum Drucken mehr übrig.
Na gut, dachte ich, dann halte ich eben im Keller Winterschlaf und warte darauf, dass die Tante wieder abreist. Allerdings war sie sehr hartnäckig und liess sich nicht in den Urlaub schicken. Meine Eltern haben daraufhin das Gremium gebeten, ein paar Zeitungen mehr auszutragen, um doch noch etwas Taschengeld aufzutreiben. Kein leichter Job, aber es hat geklappt.
Ich wurde aus meinem Schönheitsschlaf geweckt und erneut mit Lichtgeschwindigkeit durch die Glasfaserkabel gejagt. Dort angekommen, sah ich ein ziemlich grelles Licht und ploppte plötzlich in großer Stückzahl aus dem Drucker. Ich war geboren. Mum und Dad waren überglücklich, mich endlich in der Hand zu halten.
Jetzt kann ich meine Bestimmung erfüllen und das Netzwerk vorantreiben und noch bekannter machen. Das liegt meinen Eltern sehr am Herzen. Vielleicht bekomme ich ja demnächst auch noch Verstärkung, Mum und Dad reden seit einiger Zeit über ein Geschwisterchen.......

ENDE !!?

Babsy und Robert